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Julius Blüthner, der weltberühmte Sohn des kleinen Ortes Falkenhain

Meuselwitz

Am 11. März 1824 wurde der weltberühmte Klavierbauer Julius Blüthner als Sohn des Tischlers Johann Christian Blüthner in Falkenhain geboren. Seine Mutter, Justine Wilhelmine, geborene Ritter, stammte aus Rostin bei Soldin, Regierungsbezirk Frankfurt / Oder.

Falkenhain war damals ein preußisches Dorf, welches dem Landkreis Zeitz angehörte. In der Falkenhainer Kirche wurde Julius Ferdinand Blüthner am 14. März 1824 von Pfarrer Christian August Wittig getauft. Ostern 1829 wurde er eingeschult, sein Lehrer war Heinrich Curt Gottlob Dietrich. Julius war ein sehr fleißiger und hochbegabter Schüler. Da er schon frühzeitig eine besondere Kunstfertigkeit und einen regen Wissensdrang zeigte, erteilte ihm Pfarrer Wittig Privatunterricht. Ein Schriftstück aus der Schulakte vom April 1838 belegt, dass er eine sehr schöne Handschrift hatte. Schon als 10 jähriger bastelte er eine geschmackvolle Kommode. Auch die Armbrust, mit der er beim Vogelschießen schoss, hatte er selbst gefertigt.
Schon frühzeitig half er seinem Vater in der Tischlerwerkstatt, hier begann er auch seine Lehre als Tischler. Da sein Vater am 8. Januar 1839 sehr früh verstarb, setzte er beim Tischlermeister Denk in Zeitz seine Lehre als Möbeltischler fort. Als Gesellenstück fertigte er einen prächtigen Nähtisch, der in Fachkreisen großes Aufsehen erregte. Das Ein- und Ausschreibungsbuch für Lehrlinge und Gesellen der Zeitzer Tischlerinnung sagt über den Abschluss seiner Lehre aus: „Zeitz den 21. Juny 1841 hat Meister Denk seinen Lehrling mit Nahmen Julius Ferdinand Blüthner aus Falkenhain gebürtig nach dreijähriger Lehrzeit freisprechen laßen, die Innungsgebühren sind ihm Armuths halber entlaßen worden.“ 

Nach seiner Lehre fand er Arbeit in der Zeitzer Pianofortefabrik Hölling & Spangenberg. Mit dem knappen Wochenlohn von zwei Talern unterstützte er seine arme Mutter. Durch großes Interesse und eifriges Studium der Fachliteratur erfand er bereits hier viele Verbesserungen im Instrumentenbau. In seiner Freizeit nahm er Klavierunterricht. Aus seinem fruchtbaren Wirken wurde er 1845 durch die Einberufung zum Militärdienst herausgerissen. Beim 4.
Jägerbataillon in Nordhausen verrichtete er seinen Dienst unter der Fahne.
Durch die Revolution 1848 kam der Pianofortebau zum Erliegen. Blüthner betätigte sich in dieser unruhigen Zeit als Klavierstimmer. Danach arbeitete er während seiner Wanderzeit zwei Jahre in Würzburg, bis er den Weg nach Leipzig fand.
Am 7. November 1853 gründete Julius Blüthner in Leipzig ein eigenes Geschäft, zuvor hatte er in der Werkstatt von Alexander Bretschneider gearbeitet. Anfangs standen dem jungen Meister in seiner gemieteten Werkstatt drei tüchtige Handwerker zur Seite. Sie halfen ihm, die ersten Flügel zu bauen. Professor Weber aus Leipzig wies auf die Klangfülle dieser neuen Instrumente hin, welche dadurch unter Interessenten und Käufern sehr schnell bekannt wurden. Bald darauf benutzten bekannte und berühmte Künstler, darunter auch Franz Liszt und Richard Wagner, diese klangvollen Flügel. Auf Grund der hohen Nachfrage nach diesen tonfülligen Flügeln musste Julius Blüthner die Produktion und die Fabrikräume ständig vergrößern. Auf dem inzwischen käuflich erworbenen Grundstück wurde am Gründonnerstag 1864 ein Neubau mit 100 Arbeitsplätzen bezogen. 1867 erhielt Blüthner die silberne Medaille
der Weltausstellung in Paris, auf insgesamt 14 Weltausstellungen wurden Blüthner-Flügel und Pianos mit ersten und höchsten Preisen ausgezeichnet.
Er wurde „Königlich Sächsischer Hof-Pianofortefabrikant.“
Julius Blüthner trat auch als Buchautor in Erscheinung, in Zusammenarbeit mit Heinrich Gretschel, Physiker und Sekretär der Polytechnischen Gesellschaft Leipzig, verfasste er 1872 das „Lehrbuch des Pianofortebaues“.
Bis zum 25jährigen Geschäftsjubiläum hatte die Firma bereits 63.000 Instrumente hergestellt.
Das Aliquot-System ließ Julius Blüthner 1878 patentieren. Durch dieses Patent zeichnen sich die Blüthner-Flügel durch einen ihnen arteigenen warmen und romantischen Klang aus.
„Blüthner-Flügel können singen“, schwärmte später der berühmte Dirigent Wilhelm Furtwängler, er gab damit das denkbar beste Werturteil ab. Seine drei Söhne Max, Robert und Bruno Blüthner waren Zeuge der gewaltigen baulichen Erweiterungen von 1881 und 1890, im Jahre 1893 war die Beschäftigtenzahl in seiner großen Fabrik auf 600 Arbeiter angestiegen.
Als Julius Blüthner 1903 sein 50jähriges Gründerjubiläum feiern konnte, war er Geheimer Kommerzienrat. Aus seiner einstigen Mietwerkstatt war eine große Fabrik entstanden, 800 Arbeiter bauten über 3.000 Musikinstrumente im Jahr. Die weltbekannten Blüthner-Flügel standen am Hofe von vielen Königshäusern. So zählten auch Wilhelm II., Zar Nikolaus I. und Papst Leo XII. zu den Kunden von Julius Blüthner. Und der Schöpfer dieser herrlichen Instrumente kam aus dem kleinen Dorf Falkenhain.
Julius Blüthner hat bei seinem großen Erfolg nie seinen Geburtsort vergessen. Im Jahre 1889 stellte er für die Renovierung der Falkenhainer Kirche 500 Taler bereit. Ein Protokoll der Gemeindevertretung Falkenhain vom 7. November 1908 erwähnt die Stiftung von 5.000 Mark, die für eine Kleinkinderschule bestimmt war.
Zu Ehren seines 80. Geburtstages wurde an seinem Geburtshaus in Falkenhain eine Gedenktafel angebracht, die inzwischen erneuert wurde. Auf dieser Gedenktafel steht geschrieben:
Hier wurde geboren 

Am 11. März 1824
Geh. Commertzienrat
Julius Blüthner
Leipzig
Am 13. April 1910 endete der erfolgreiche Lebensweg des genialen Julius Blüthner. Auf dem Neuen Johannesfriedhof in Leipzig fand er seine letzte Ruhestätte. In den 1960er-Jahren wurde dieser Friedhof geschlossen und in einen Park umgewandelt, sein Grabmal verschwand für immer.
Der Heimatdichter Bruno Hüfner, ein großer Bewunderer von Julius Blüthner, verfasste folgende Zeilen:
 

Berühmtes Dörfchen Falkenhain,
Du hast der Menschheit viel gegeben.
Hier trat ein großer Sohn ins Leben,
Auf den du stolz kannst immer sein.
 

Gern prägte ich unserer Jugend ein,
Auf eigene Kraft zu vertrauen,
So konnte ein Blüthner aus Falkenhain
Die klangschönen Flügel erbauen.


Am 1. April 1998 erfolgte in Falkenhain für Julius Blüthner eine große Ehrung, die Pestalozzistraße wurde in Julius-Blüthner-Straße umbenannt.
Das Geburtshaus von Julius Blüthner in Falkenhain, Robert-Ebert-Gasse 4, existiert leider nicht mehr. Am 18. Oktober 1998 wurde die Gedenktafel vom Giebel des Hauses geborgen, danach erfolgte der Abriss.
An der Stelle, wo einst sein Geburtshaus stand, wurde am 7. Oktober 2000 ein Gedenkstein ihm zu Ehren eingeweiht.
Die Nachfahren von Julius Blüthner setzen sein Lebenswerk erfolgreich fort. Die 4. Generation vertritt Ingbert Blüthner-Haessler, seine Söhne Dr. Christian und Knut Blüthner-Haessler sind in 5. Generation für die Firma tätig. Die Julius Blüthner Pianofortefabrik GmbH hat ihren Firmensitz aber nicht mehr in Leipzig, sondern ab Oktober 1997 in Störmthal bei Leipzig.
Reinhard Steinert, ehrenamtlicher Ortschronist

 Julius Blüthner

 Julius-Blüthner-Haus

 Julius-Blüthner-Gedenkstein